Montag, 27. Dezember 2010

Der schweren Jahrzehnte der männlichen Welt nach Big Zero


Hallo liebe Freunde,

ich bin gerade dabei, in facebook eine Seite für Nachrichten aus der Zukunft einzurichten. Ist nicht so leicht, weil ich das ja alles aus der Zukunft einstellen muss und der piriReissche ProChrono-Projektor ist eher vergleichbar mit Eurem Windows 7 als mit einem anwenderfreundlichen System. Und ich muss ja auch noch strikt auf die Anweisungen des Ministeriums für Chronologische Angelegenheiten achten. (http://nachrichten-aus-der-zukunft.blogspot.com/2010/11/bekanntmachung-des-ministeriums-fur.html)
Naja, und Euer facebook ist halt Steinzeit für mich, bei uns im Jahr 2200 geht sowas alles mit mentalen Feedbackschleifen. Aber ich bemühe mich. Ihr dürft mich in facebook gern adden (Marsili Cronberg) oder unserer Gruppe beitreten. Oder eben der Seite. http://www.facebook.com/?ref=home#!/pages/Nachrichten-aus-der-Zukunft/179663028725257

Soviel in eigener Sache, nun aber mein neuer Beitrag:

Nachdem mein letzter Beitrag hier sehr melancholisch war, möchte ich nun mal wieder in alten Speicherkisten für Euch wühlen. Mein heutiges Thema: Die Unterdrückung der Männer nach Big Zero im Jahr 2052 und der Wandel der Geschlechterbeziehungen nach der Jahrtausendwende.

Dazu zunächst ein Interview mit der Gynophysikerin Mechthild Mittal aus „Quotenflieger“ von Dezember 2098:

Quotenflieger:
„Frau Mittal, letzte Woche erregten Sie mit Ihrer Aussage, dass sich die heutige Unterdrückung der Männer in unserer Gegenwart nicht von der Unterdrückung der Frauen vor Big Zero im Jahr 2052 unterscheide, ein weltweites Echo. Demnach sehen Sie die Gefahr eines neuen Geschlechterkonfliktes aufziehen. Sind Sie mit dieser Aussage nicht etwas zu weit gegangen?

Mittal:
Nein, das sehe ich nicht so. Die Unterdrückung der Männer wurde schon vor Jahren als gesellschaftliches Problem erkannt. Doch die Bemühungen zur Gleichstellung der Männer reichen meines Erachtens nicht aus. Männerbezogene Quotenregelungen oder Programme zur Förderung der empathischen Fähigkeiten von Männern stopfen doch nur kleine Löcher. Allein das Gesetz zur männlichen Verkehrserziehung ist nicht mehr zeitgemäß. Das 3-monatige Trainigscamp, das Männer absolvieren müssen, um am allgemeinen Verkehr teilnehmen zu dürfen, ist eine Erfindung aus den 2060ern. Doch was damals unbestritten notwendig war, hat heute ausgedient. Auch die Regelung, dass Männer im ersten Jahr nur mit weiblicher Begleitung fahren dürfen: Ab in den Müll damit!
Wachen wir doch auf. Wir müssen erkennen, dass Männer nicht mehr das Problem für unsere Gesellschaft sind wie noch vor 100 Jahren.

Quotenflieger:
Sie haben gesagt, dass es Zeit wird, dass auch einmal ein Mann den Vorsitz der NWO übernimmt (Anm.: NWO - New World Order war die Organisation, die nach Big Zero gegründet wurde, um den weltweiten Wiederaufbau der Gesellschaft zu führen, 2152 aufgelöst). Für viele eine unerhörte Forderung, manche nennen sie utopisch, andere ewiggestrig.

Mittal:
Ja, in der Tat eine provokante Forderung. Ich bin mir dessen bewusst. Immerhin haben die Männer bis Big Zero 2052 den Vorsitz in der UNO innegehabt (Anm.: UNO – United Nation Organisation war bis Big Zero eine weltweite Organisation, welche vor allem dem Erhalt des maroden westlichen Gesellschaftssystems diente und damit einer Erneuerung entgegenstand, 2052 in Big Zero untergegangen).
In den antimaskulinen Prozessen nach Big Zero wurden die ungeheuerlichen Mechanismen der männlich geprägten Weltregierung ja offengelegt. Zum Glück gehören die machtbasierten Wirtschaftssysteme und die geistige Ausbeutung der Weltbevölkerung zum Zwecke des Erhalts des ruinösen Zinssystems heute der Vergangenheit an. Und jedes Kind weiß, dass es vor allem Männer waren, die diese Strukturen über Jahrhunderte aufbauten. Ein heute geborener Junge sollte diese Last aber nicht als Erbsünde mit sich tragen müssen. Wir müssen begreifen, dass Bewusstsein, auch gesellschaftliches, sich ständig wandelt. Ich denke, dass sich heute durchaus Männer mit Weitblick und hinlänglich Geist und Empathie finden lassen, um wieder weltliche Verantwortung zu übernehmen.
Ich bin mir aber im Klaren darüber, dass meine Forderung nach einem männlichen NWO-Präsidenten heute natürlich noch Utopie sein muss. Vielleicht wird es erst in 20, 30 Jahren wieder so weit sein. Wir sollten das antimaskuline Dogma in unseren Köpfen aufweichen.

Quotenflieger:
Welche Gefahren sehen Sie und was schlagen Sie vor?

Mittal:
Nun, der im Allgemeinen belächelte Trend zur Gründung von Männervereinen, gibt mir zu denken. Kürzlich habe ich von einem Verband der Fußballfreunde gelesen. Fußball ist ein altes Ballspiel mit schlichten Regeln und viel Kampf, Schweiß und einer um die Jahrtausendwende irrwitzigen Heldenverehrung. Typisch männlich eben. Der Verband träumt jetzt von der Wiedereinführung einer so genannten Liga bis 2110. Das große Ziel ist es aber, bis zum Jahr 2130 wieder eine Fußballweltmeisterschaft nur für Männer zu organisieren. Für viele klingt das ungeheuerlich, ich aber sage: lasst sie ihren Traum doch leben! Unterdrückung hat schon oft unkontrollierbare Gegenreaktionen hervorgerufen. Die können viel gefährlicher sein als ein paar emotionalisierte Fußballfans. Gebt den Männern wieder Platz. Man muss ja nicht gleich den Verband zur Aufhebung der weltweiten Prohibition gutfinden. Ganz zu schweigen vom absonderlichen Verband der Männer für die Legalisierung des Fleischkonsums.
Aber das sind Ausnahmen. Behandeln wir Männer von heute doch ganz einfach wieder als normale Menschern. Es ist nicht gerecht, sie für die Vergehen ihrer männlichen Vorfahren büßen zu lassen.

So weit dieses Interview aus einer bemerkenswert männerfeindlichen Zeit. Wie wir wissen, hat sich die Situation der Männer inzwischen verbessert. Die erste Männer-Fußball-WM der Neuzeit fand bereits 2122 statt. Unvergessen die Siegesserie von 3 Titeln für Bangladesh, dann 2166 endliche der erste euroländische Triumph. Und das Erzeugen von niederprozentigem Alkohol wie Bier und Wein ist auch wieder legalisiert worden. Ich kenne viele Frauen, die das nicht missen wollen, vor allem den hellen Wein auf Kohlesäurebasis.
Doch noch immer gibt es Verwerfungen, die einer modernen Gesellschaft nicht würdig sind. Ich selbst sehe ja die Eheacht als Relikt aus der Umbruchzeit an. Doch es ist schwer, die Köpfe der Menschen verändern zu wollen. Umdenkprozesse brauchen oft eine sehr lange Zeit.

Ich habe dazu einen Kommentar der Historikerin Hayden van Grammelstein aus einer Zeitschrift namens „Flowerpowder“ von 2181 gefunden:

In der kommenden Woche jährt sich der Streit zwischen Kinderministerin Habenstein und der Autorin Astrid Schranzinger. Und noch immer scheinen die Fronten verhärtet. Habenstein löste damals die Diskussion mit ihrer Meinung aus, dass es Unterschiede zwischen Männern und Frauen gebe, die nicht wegerzogen werden können. Dauerhaftes Zusammenleben von Frauen und Männern in Familien würde glücklich machen und laufe nicht automatisch auf eine Unterwerfung der Frau unter den Mann hinaus. Das Zusammenleben von Frau und Mann muss endlich wieder erlaubt und gesellschaftlich akzeptiert werden.
Schranzinger, seit jeher bekannt für ihre unverblümte Sprache, konterte mit einem Konglemerat an Beleidigungen und Unterstellungen. Habenstein sei ungeeignet für ihren Posten, Habenstein befeuere Stammtischparolen, Habenstein wäre verantwortlich, wenn die Männer irgendwann wieder zu ihrer Schreckensherrschaft zurückkehren sollten und die Frauen ein neues Joch antreten müssen. Habenstein wäre gar Schuld, wenn die Welt ein weiteres Mal untergeht. Basta!

Nach einem Jahr der Kontroverse wäre es nun endlich an der Zeit, wieder Gelassenheit in die Diskussion einkehren zu lassen. Wenn man es nämlich ganz unvoreingenommen betrachtet, hat Habenstein Recht. Wenn eine Frau und ein Mann sich lieben und nicht voneinander lassen können, warum sollen sie dann nicht zusammen leben dürfen, ohne von der Gesellschaft geächtet zu werden? Wenn Männer die Mütter ihrer Kinder lieben, warum sollen sie dann nicht auch LÄNGER als das ihnen zugestandene maximale Jahr für Kinder UND Frau sorgen dürfen? (so besser, Elli? ;o)) Gehört das Gespenst von der unterworfenen, weil vom Mann abhängigen Frau nicht endgültig aus den Schulbüchern auf den Müllhaufen der Geschichte verbannt?

An Frau Schranzingers historischen Verdiensten besteht kein Zweifel. Doch habe ich mir von der Grand Dame der euroländischen Feminismusbewegung etwas mehr Fingerspitzengefühl erhofft. Wie muss sich ein Mann unserer Zeit fühlen, der nur seinem Herz folgen möchte und dafür von Frau Schranzinger auf gleiche Stufe mit männlichen Chauvinisten der Jahrtausendwende gestellt wird? Wie muss sich eine Frau fühlen, die sich entgegen aller Konditionen freiwillig dazu entschlossen hat, ihr Leben mit einem Mann zu teilen und dafür von Frau Schranzinger als Prostituierte, als Irre oder schlimmstenfalls gar als neue Heidi Klum beschimpft wird?

Männer können auch gute Seiten haben. Eine kürzlich bekannt gewordenes Experiment einer Forschergruppe aus Lüneburg brachte es zu Tage: 88 % der Männer des 22. Jahrhunderts sind in der Lage, selbständig eine Waschmaschine zu bedienen. Und das Unglaubliche: Sie lernen es freiwillig. Wenn das kein deutlicheres Zeichen für einen grundlegenden Bewusstseinswandel der männlichen Welt ist, was dann?

Ich habe auch von meinem Lieblingshistoriker Thommes Donnel einen Beitrag aus dem Jahr 2141 gefunden, der das Thema ganz gut ergänzt:

Die Beziehung zwischen Frauen und Männern ist kompliziert, seit die Menschheit geradeaus laufen kann. Während noch vor zehntausend Jahren in den Ackerbaukulturen die Frauen das dominierende Geschlecht waren, wurde diese Rollenverteilung durch das Aufkommen der Jägerkulturen stark verändert. Bis vor Big Zero verwendeten Historiker dafür noch eigene Begriffe. Das Matriarchat stand für die Herrschaft der Frauen, das Patriarchat für die der Männer. Wir wissen heute, dass diese Zuordnung genauso unsinnig ist wie die Einteilung der Menschen in Klassen. Heute spricht man vom maskulinen Strom, der eine Dynamisierung der menschlichen Entwicklung bewirkte. In den vielen Jahrtausenden, in denen die Frau aufgrund ihrer Gebärfähigkeit das wichtigste Glied der Stämme war und das menschliche Bewusstsein hauptsächlich vom weiblichen Denken geprägt wurde, war die Empathie zu anderen Menschen, zu anderen Lebewesen, zur ganzen Natur noch stark ausgeprägt. Die Menschen lebten im Einklang mit der Natur, die ihnen gab, was sie benötigten. Der Drang nach neuen Ufern war noch nicht ausgeprägt.
Mit den Kataklysmen um 10.000 v.Chr., noch heute in den Sintflutmythen rund um die Welt lebendig, wendete sich das Blatt. Weltweite und nie gekannte Not zwang die Stämme zum Aufbruch in ein neues geistiges Zeitalter, in dem Besitz und Macht an Bedeutung gewann und die Gebärfähigkeit als wertvollstes menschliches Gut ablöste. Es begann das Zeitalter der Männer. Die auf dem Nährboden der Katastrophen entstehenden Religionen ordneten die Frauen den Männern unter. Die monotheistischen Religionen schließlich vollendeten diesen Prozess, indem sie Gott das Attribut –männlich- gaben.
Erst mit dem Niedergang der monotheistischen Religionen in Big Zero im Jahr 2052 verschwand dieser Irrglaube wieder in der Mottenkiste.

Dann noch was Lustiges aus „Happy Hippo“, 15 Juni 2183

8 Szenarien für den Fall, daß die Männer den Frauen wieder gleichgestellt werden:

  1. Handtaschen verlieren ihren Status als wichtigstes Kleidungsstück
  2. Rülpsen auf offener Straße gilt nicht mehr als Straftat
  3. Staubsauger werden wieder leiser werden
  4. Die Unfähigkeit zum Einparken von Spacecars wird seinen Status als sympathische Tic verlieren
  5. Es wird rein maskuline KI´s geben, diese werden Bier konsumieren und ein Fußballspiel mit einem Wortschatz von nur 3 Wörtern kommentieren können
  6. Sätze wie „Und, wie war ich?“ werden wieder salonfähig
  7. 30 Zentimeter werden wieder deutlich kürzer werden
  8. Heidi Klum wird wieder auferstehen

Soviel für heute. Ich weiß, dass die Beiträge, die ich hier eingestellt habe, bei Weitem nicht der Komplexität dieses Themas gerecht werden. Ich denke, dass ich das öfter noch einmal aufgreifen werde.

Bis dahin
Euer Marsili


PS: Danke an Elli, die mich zu diesem Thema angestachelt hat ;o)

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