Heute werde ich gehen.
Diese Welt verlassen.
Die Nachbarn werden Augen machen, wenn sich auf einmal unser Garten auftut und ein riesiges glänzendes Vehikel aus der Erde wächst. Sie werden ohnmächtig werden vor Schreck. Und wenn sie aufwachen, werde ich nicht mehr da sein. Ein gewaltiges tiefes Loch bleibt zurück.
Man wird debattieren. Es wird verschwommene Fotos von meinem Abflug geben, Augenzeugenberichte. Man wird vertuschen wollen.
Doch dann bin ich längst nicht mehr da.
Habe mich verabschiedet aus der Welt.
______
Als ich heute Nacht von meiner Geliebten träumte, glitten ihre Finger aus meiner Hand.
Ich wollte sie halten, schrie nach ihr.
Vergebens.
Als ich heute Nacht von ihr träumte, verlor ich sie.
Meine Geliebte.
In der Valentinsnacht.
Ihre Klagen nur hab ich in meinen Ohren:
Ihr Menschen seid keine Außerirdischen! rief sie zu mir.
Ihr wohnt nicht nur auf diesem Planeten, ihr seid aus ihm erwachsen!
Ihr seid aus mir erwachsen wie jeder Grashalm, jeder Vogel, jeder Stein, jeder Bär und jeder Schmetterling.
Warum nur glaubt ihr, euch selbst erschaffen zu haben?
Und alles was ihr erschafft, ist auch ein Teil von mir. Warum vergesst ihr das?
Und dann strich sie über meine Haare und wurde für einen Moment sanft dabei:
Viele sagen: ich hasse die Menschen.
Viele sagen: der Mensch ist ein Virus, ein Parasit, weil er die Erde zerstört.
Doch sieh mich an. Sieh mich bitte an.
Wie oft muss ich meine Liebe zu Dir denn noch beweisen?
Wieviel muss ich noch ertragen, damit Du meine Rufe verstehst:
Ich hasse Dich nicht! Du bist aus mir erwachsen. Ich nähre Dich. Ich liebe Dich. Ich opfere mich für Dich. Bitte sieh endlich, wie ich blute für Dich. Sieh was ich hergebe für Dich und sieh meine Tränen!
Und ich sah ihre Tränen.
Dann warf sie mich um. Mit einem einzigen Hauch ihres Zorns. Und die Stimme der Zürnenden wurde hart:
Andere sagen: ihr Menschen seid intelligent und deshalb beherrscht ihr die Natur. Sie sagen: ihr Menschen seid die Krone der Schöpfung.
Doch sieh Dich an. Sieh Dich bitte an!
Wieviele Qualen muss ich denn noch leiden?
Wieviel muss ich erdulden, damit Du endlich meine Rufe hörst:
Pass auf was Du tust! Ich gab Dir ein scharfes Schwert in die Hand. Doch Du schlägst um Dich wie ein übermütiges Kind. Gebe Acht! Muss es wirklich soweit kommen, daß Du Dich selbst damit enthauptest? Sieh, welche Wunden Du mir zugefügt hast!
Und ich sah ihre Wunden.
In meinem Traum.
Und beim ersten Sonnenstrahl, der meinen Traum beendete, Liebste
Beim ersten Glitzern Deiner tiefen und traurigen Augen,
nach einer stillen, verwunschenen Nacht,
und dem ersten Schatten, der über Deine Wange strich,
und Dein wehmütiges Lächeln eingrub
in meine Träume
bist Du gegangen
Und dies ist mein trauriges Lied an die verlorene Liebe.
_____
Da draußen in meinem Garten, vergraben seit vielen Jahrzehnten, da wartet mein Schiff. Ich packe meinen schicken hellblauen Koffer, stopfe ihn lustlos mit Socken voll.
Ein paar Stunden noch.
Dann ist sie vorbei.
Meine Mission.
Gescheitert.
Der Kosmos macht sich um unsere Zeit keine Gedanken.
Was sind schon ein paar Tausend Jahre?
Was sind schon ein paar Tausend Jahre?
Was sind schon ein paar Tausend Tränen?
Wir haben uns hoffnungslos verrannt.
Es klingelt an der Tür. Meine Tochter kommt nach Hause. Sie strahlt. Sie weiß noch nicht, wer wir in Wirklichkeit sind. Sie weiß nicht, was ich vorhabe. Dann übermannt mich die Trauer. Ich kann nicht gehen. Ich kann nicht gehen.
Und so erwache ich.
Und so erwache ich.
______
Manchmal dauert das Erwachen aus einem Traum Stunden. Manchmal torkelt man durch den Tag und findet nur langsam aus den Träumen der Nacht.
Und manchmal tut es weh, sehr weh, in der Realität zu erwachen.
Ist es ein Traum, daß wir kein Geschöpf des Zufalls sind, sondern der Liebe?
Und was haben wir aus diesem unendlich wertvollen Geschenk gemacht?
Ist nicht der größte Liebesbeweis, in dieses Leben geboren zu werden? Als Mensch?
_______
Unsere Mitgeschöpfe, die schon viele Millionen Jahre auf der Erde existieren, haben wir innerhalb von ein paar Jahrzehnten zu Produkten degradiert, denen wir einen grässlichen Namen geben: „Nutztiere“
Wir haben diese „Nutztiere“ für unsere Belange deformiert. Haben sie zur reinen Nahrung umfunktioniert. Zum Dank dafür schenken wir ihnen unendliche Leiden.
Ist es ein Traum, daß die Natur über unsere Torheit weint?
In diesen Tagen wurde von einem öffentlichen Sender eine Videodokumentation einer Tierschutzorganisation abgelehnt. Sie zeigte, wie in einem Schlachthof Rindern bei vollem Bewusstsein die Bäuche aufgeschnitten und Ohren und Füsse abgeschnitten werden. Begründung der Ablehnung: Man könne diese Bilder den Fernseh-Zuschauern nicht zumuten.
Ist es ein Traum, daß der Zorn der Natur mächtiger und mächtiger wird?
In diesen Tagen verkündet das statischische Bundesamt in einer nüchternen Meldung, daß im letzten Jahr in Deutschland ein neuer Schlachtrekord aufgestellt wurde. 302.000.000 Kilogramm MEHR Fleisch als im Vorjahr. 8.000.000.000 Kilogramm Fleisch insgesamt.
Ist es ein Traum, daß wir zu blutrünstigen Monstern geworden sind?
In diesen Tagen wird in der Bundesregierung das neue Tierschutzpaket diskutiert.
In diesem Paket sind so geringe Verschärfungen enthalten, daß sie beschämend sind, wenn man um die wirklichen Zustände hinter den Betonmauern der Tierproduktionsstätten weiß.
Dennoch erbitterter Widerstand von Seite der Agrarindustrie: „Ich habe keinerlei Verständnis dafür, dass sich ein Fachministerium auf eine populistische Tierschutzdebatte einlässt ...“ Der CDU-Bundestagsabgeordnete der dies äußerte fügte an, sich in Berlin gegen das Tierschutzpaket von Ministerin Aigner zur Wehr zu setzen.
Ist es ein Traum, daß unsere Fähigkeit zu Lieben, verloren ging?
In diesen Tagen wird Hof Butenland bedroht.
Hof Butenland ist ein Bauernhof, bei dem Tiere einfach das tun dürfen, wofür sie erschaffen wurden: leben. Doch in der Definition der Bundesregierung sind es „Nutztiere“.
Dem Veterinäramt ist Hof Butenland deshalb ein Dorn im Auge. Es passt nicht in unsere Agrarwelt, daß Nutztiere nicht ausgebeutet, sondern am Leben gelassen werden. Für "Nutztiere" gilt das Tierschutzgesetz nicht. "Nutztiere" sind zum Nutzen da. Nicht zum leben.
Hof Butenland wird alle Unterstützung brauchen gegen die Arme des Staates.
Ist es ein Traum, daß wir der Liebe nicht wert sind?
In diesen Tagen werden 30.000 Menschen verhungern. Jeden Tag.
Sie verhungern, weil die subventionierte Landwirtschaftspolitik des Westens die in Jahrtausenden gewachsenen landwirtschaftlichen Strukturen in ihren Ländern zerstört hat. Sie verhungern, weil in ihren Ländern Produkte angebaut werden, mit der unsere „Nutztiere“ gemästet werden. Sie verhungern, weil die Monokulturen die Fruchtbarkeit ihrer Böden zerstören. Sie verhungern, damit unser Essen billig wird.
Ist es ein Traum, daß wir zu hässlichen Kreaturen wurden?
In diesen Tagen werden mitten unter uns zehntausende Menschen an Krankheiten sterben, die durch falsche Ernährung verursacht werden. Jeden Tag.
Diabetes, Osteoporose, Herzkrankheiten. Es sind ähnlich viele Menschen wie die Toten durch das Rauchen. Während die Tabakindustrie in die Knie geht, darf die Nahrungsindustrie immer schlimmere Praktiken durchsetzen.
Ist es ein Traum, daß wir uns selbst enthaupten?
In diesen Tagen können wir nicht mehr auf die Politik vertrauen. Kommissionen, die die Industrie kontrollieren sollen, sind durchsetzt von Vertretern der Industrie. Kein einziges mächtiges Organ ist mehr in unabhängiger Hand. Wir können niemandem mehr trauen, der mit der Ausbeutung der Natur Geld verdient.
In diesen Tagen gibt es nur einen, der den Mächtigen die Stirn bieten kann. Und so stehen wir vor der wichtigsten Wahl unseres Lebens: Werden wir die entsetzlichen Zustände länger dulden? Werden wir weiter unseren Verstand betäuben lassen, damit wir weiter gedankenlos konsumieren und uns fett- und krankfressen dabei? Und werden wir die Zukunft unserer Kinder gleich mit verschlingen?
Oder werden wir uns unserer Macht bewusst und entziehen dem furchtbaren Geflecht, das unseren Planeten zerstört, den Boden?
Es wäre so einfach. So unsagbar einfach: Wir dürfen das wuchernde Geflecht nicht mehr füttern. Wir hungern es aus, lassen die Produkte einfach liegen, die unsere Welt zerstören. Wir erinnern uns an die Liebe, die die Natur uns schenkt. Wir lernen, sie wieder zu lieben. Und wieder frei zu sein. Damit sie wieder zurückkehrt zu uns. Damit wir wieder zu dem werden, was wir waren: Geliebte des Lebens.
Nie war es so leicht, die Welt zu verändern.
Nie war es so leicht, uns zu heilen.
Nie war es so leicht, uns zu heilen.
Warum tun wir es nicht einfach?
______
Und beim letzten Glanz Deiner Augen
bei der Wärme, die Deine Adern verließ, Liebster
und beim letzten Zug Deines Atems
als sich der Sturm der Nacht wieder legte
und meine Tränen Deinen leblosen Körper überströmten
habe ich unser Schicksal gesehen.
______
Marsili Cronberg
für Sirena
wo immer Du jetzt bist
Die Legende von Sirr und Sirén
„Die Legende von Sirr und Sirén“ beschreibt in einer mythischen Fantastikwelt den leidenschaftlichen Kampf der Natur (Sirén) um ihr geliebtes, aber todgeweihtes Geschöpf „Mensch“ (Sirr). Sirén erweckt Sirr in einer metaphernhaften Welt noch einmal zum Leben. Sie lässt ihn Sehen und Fühlen. Sie erweckt in ihm die Fähigkeit, ihre Schmerzen in seiner eigenen Seele zu spüren. Sie lässt ihn verstehen, welche Macht in ihm steckt. Und als er Sirén zu verlieren droht, da erwächst er zum mythischen Krieger für ihre Liebe.
Sirr steht in der Legende für die erwachten Menschen unserer Zeit. Er steht für die, die die Schmerzen der Natur spüren können. Er steht für das wachsende „Heer“ derer, die um die Liebe des Lebens kämpfen, um die Tiere, um die Wälder. In meiner Welt ist die Geschichte zwischen Natur und Mensch eine voller Schmerz und Schuld. Doch es ist eine Liebesgeschichte. Ein Epos in einer fantastischen Metaphernwelt, die weit entfernt in unserer Zukunft existiert. www.marsili-cronberg.de
Liebeslied-Klagelied ist mit Siréns und Sirrs Stimme gesungen.
Die letzte Strophe ist Siréns Klage über den Verlust von Sirr.
Die Klage der Natur über die Selbstauslöschung des Menschen.
____
Titel der Legende von Sirr und Sirén - Grafik: Heinz Koch, Köln |
Epilog
Die Legende von Sirr und Sirén
„Die Legende von Sirr und Sirén“ beschreibt in einer mythischen Fantastikwelt den leidenschaftlichen Kampf der Natur (Sirén) um ihr geliebtes, aber todgeweihtes Geschöpf „Mensch“ (Sirr). Sirén erweckt Sirr in einer metaphernhaften Welt noch einmal zum Leben. Sie lässt ihn Sehen und Fühlen. Sie erweckt in ihm die Fähigkeit, ihre Schmerzen in seiner eigenen Seele zu spüren. Sie lässt ihn verstehen, welche Macht in ihm steckt. Und als er Sirén zu verlieren droht, da erwächst er zum mythischen Krieger für ihre Liebe.
Sirr steht in der Legende für die erwachten Menschen unserer Zeit. Er steht für die, die die Schmerzen der Natur spüren können. Er steht für das wachsende „Heer“ derer, die um die Liebe des Lebens kämpfen, um die Tiere, um die Wälder. In meiner Welt ist die Geschichte zwischen Natur und Mensch eine voller Schmerz und Schuld. Doch es ist eine Liebesgeschichte. Ein Epos in einer fantastischen Metaphernwelt, die weit entfernt in unserer Zukunft existiert. www.marsili-cronberg.de
Liebeslied-Klagelied ist mit Siréns und Sirrs Stimme gesungen.
Die letzte Strophe ist Siréns Klage über den Verlust von Sirr.
Die Klage der Natur über die Selbstauslöschung des Menschen.
____
Wenn Dein Glanz in den Seelen vergeht
Wenn Deine Wärme im Weltsturm verweht
Wenn das Licht Deiner Augen verloren scheint
und sich Liebe und Sünde zu Bürde vereint
Erst dann, wenn wir unrettbar verloren sind
werden wir verstehen
wer Du wirklich bist
Oh, dieser blogeintrag war WUNDERSCHÖN und traurig. Ich mag in sehr.
AntwortenLöschenach wenn doch jeder Mensch sich 5 minuten Zeit nehmen könnte um dies zu lesen, wenn er/sie sich dann 10 min nehmen würde um es zu verstehen, dann...würde die Welt schon ein großes bißchen besser werden. Lieb dich !
AntwortenLöschen